Das fünfte Spiel der Schach-WM 2024 endet remis, woraufhin es insgesamt 2,5 zu 2,5 zwischen Weltmeister Ding Liren und Herausforderer Dommaraju Gukesh steht. Dabei muss sich der Chinese erneut den Vorwurf gefallen lassen, zu wenig probiert zu haben. In einer eigentlich eher harmlosen Abtauschvariante der Französischen Verteidigung ging der junge Inder mit 19. g5 ein Risiko ein, was ihm beinahe um die Ohren geflogen wäre, da er nach 23. dxe5?! die Antwort 23... Sd3 übersah, durch die Ding Liren klar in Vorteil kam. Statt aber ein langes Spiel zu suchen, in dem Gukesh D, der zudem auch die schlechtere Zeit hatte, sich präzise hätte verteidigen müssen, wickelte der Titelverteidiger erneut viel zu friedfertig in eine Remis-Stellung ab. Es ist bereits die dritte Partie dieser Schach-WM, in der der 32-Jährige seinen Killerinstinkt vermissen lässt. Und trotzdem: Mit dem Remis kann er grundsätzlich gut leben. Es steht 2,5 zu 2,5 und er darf morgen wieder mit den weißen Figuren antreten. Natürlich sind wir dann am Liveticker wieder mit dabei!

So ist ist. Beide Spieler blitzen bis zum 40. Zug und streben dabei bereits die dreifache Stellungswiederholung an, ehe sich nach dem Erreichen der Zeitkontrolle die Blicke beider Spieler treffen und sie sich aktiv direkt auf das Remis einigen. Damit endet das fünfte Spiel der Schach-WM 2024.

Gukesh D holt nun den Bauern auf d3 ab. Im Endeffekt ist diese Partie nun gelaufen und sollte in wenigen Sekunden im Remis enden.

Beide Spieler ziehen jetzt das Tempo deutlich an und bringen die Züge rasch aufs Brett, wobei es ganz danach aussieht, als seien beide nun mit dem Remis zufrieden, denn die Schwerfiguren tauschen sich ab und es verbleiben ungleichfarbige Läufer auf dem Brett. Mit 33. b3 nimmt Gukesh seinem Gegner nun überdies die Möglichkeit, den Bauern auf d3 zu decken. Das Spiel dürfte nicht mehr allzu lange dauern, ehe beide Spieler entweder die dreimalige Stellungswiederholung finden oder sich nach dem 40. Zug auf das Remis einigen.

Ding Liren bedient sich nach kurzer Bedenkzeit auf f3, woraufhin Gukesh den Läufer direkt mit Kf2 befragt, den der Chinese dann viel zu voreilig wieder nach c6 überführt, anstatt mit Lh5 schon einmal einen Blick auf d1 zu werfen. Jetzt, da der König nah genug am d-Bauern ist, um eine Umwandlung aufzuhalten, kann der Inder wiederum auf c4 schlagen. Sieht fast so aus, als hätte der Weltmeister sein Potenzial jetzt verschenkt.

Ding Liren entscheidet sich für Lc6, woraufhin Gukesh D nicht auf c4 nehmen kann, da nach Td8 bereits der d-Bauer nicht mehr aufzuhalten wäre, ohne dass der Inder seinen schwarzfeldrigen Läufer opfert. Das hat er aber schon berechnet, weshalb er mit Td4 fortsetzt und den Zug Td8 aus der Stellung nimmt.

Der Herausforderer kommt schnell zur Schlussfolgerung, dass er auch dem Springer-Tausch nicht aus dem Weg gehen kann, und greift daraufhin mit 27. Te4 den c-Bauern des Chinesen an, der nun drei Möglichkeiten hat, diesen zu decken: Le6, Tc8 und b5. Eventuell wäre auch Lc6 möglich, um den c-Bauern gegen den f-Bauern abzutauschen und anschließend mit Le2 den d-Bauern zu stabilisieren.

Ding Liren zieht seinen Springer nach c4. Kommt es nun zum Tausch, ist der Freibauer auf d3 sogar noch gedeckt. Wirklich ausweichen kann Gukesh D dem Abtausch aber wohl nicht. Nach beispielsweise Lf4 käme schon Sxb2.

Der Herausforderer setzt mit 25. f3 fort und macht damit Platz dafür, seinen König ins Zentrum laufen zu lassen. 37:32 Minuten hat er noch auf der Uhr. Ding Liren kann sich jetzt mit mehr als einer Dreiviertelstunde einen Plan überlegen.

Gukesh überlegt eine ganze Weile und denkt sicherlich darüber nach, ob er den Springer auf d3 stehen lassen kann, was aber nicht funktioniert, da er dadurch in jedem Fall einen Bauern verliert. Er muss daher schlagen, woraufhin Ding Liren zu 24... cxd3 kommt. Das wird nicht leicht für den jungen Inder, dieses Spiel remis zu halten.

Dommaraju Gukesh geht dem Abtausch der Türme aus dem Weg, indem er seinen Springer nach e5 stellt. Ding Liren nimmt sofort mit seinem schwarzfeldrigen Läufer raus, um den zahlreichen Drohungen aus dem Weg zu gehen, woraufhin der junge Inder sich einen Fehler leistet. Er muss nun mit dem Turm auf e5 zurücknehmen, schlägt allerdings mit seinem d-Bauern, was mindestens eine handfeste Ungenauigkeit, wenn nicht sogar ein Fehler ist. Ding Liren zeigt ihm auch sofort warum: wegen Sd3. Das ist eine richtig kalte Dusche für den Inder, der diesen Zug offenkundig übersehen hat. Nach Lxd3 und cxd3 erhält der Chinese einen sehr gefährlichen Freibauern auf der c-Linie, den Gukesh auch wegen der dann ungleichfarbigen Läufer gar nicht mal so leicht erobern kann. Der Weltmeister ist damit auf einmal am Drücker und hat die klar bessere Stellung.

Ding Liren schaut fünf Minuten rein und entwickelt seinen Turm dann nach e8, was den Abtausch der letzten Schwerfiguren anbietet.

Anstatt weitere positionelle Fortschritte zu machen, indem beispielsweise der noch nicht gut platzierte Springer auf d2 über f1 eine neue Position findet, zieht Gukesh D nun seinen Springer von g5 nach f3 zurück. Das wirkt fast schon wie ein kleines Zugeständnis.

Aktuell gibt es keine Drohung, um die Ding Liren sich kümmern muss, weshalb er nun die Entwicklung seiner Figuren vorantreibt, indem er den weißfeldrigen Läufer zieht und Platz für den Turm macht, der noch auf a8 steht.

Ding Liren schaut sich die Stellung kurz an und nimmt dann auf g5 raus. Ein Vorbeiziehen mit h4 hätte womöglich durch den giftigen Zug g6 zu schwerwiegenden Verstrickungen führen können, weshalb dies praktisch nach der besten Entscheidung aussieht, obwohl Gukesh nun mit 20. Sxg5 seinen Springer in die gegnerische Stellung bringen kann.

Der Inder ist der erste der beiden Spieler, der unter eine Stunde Restbedenkzeit fällt. Sein g-Bauer ist angegriffen, worauf er reagiert, indem er die Figur ein weiteres Feld nach vorne zieht.

Gukesh D überlegt kurz und reagiert dann mit 18. Lg3, womit Ding Liren offenkundig schon gerechnet hat. Er antwortet sofort mit 18... Sb6

Ding Liren braucht einen Moment, um eine Reaktion auf das durchaus überraschende g4 zu wählen. Statt den Springer zurück nach f6 zu stellen, wählt er den offensiveren Zug Sf4.

Dommaraju Gukesh denkt zehn Minuten lang nach und zieht dann tatsächlich den sehr verpflichtenden Zug 17. g4. Das ist auch insofern eine ziemliche Ansage, als dass er am ersten Spieltag in einer anderen Stellung, aber auch gegen die Französische Verteidigung mit dem vorbereiteten g4-Zug angegriffen hat, woraufhin ihm die Partie allerdings entglitten ist. Genau den gleichen Zug in einer völlig anderen Position erneut auszupacken, zeigt auch, dass er bereit ist, heute Risiken einzugehen.

Der Inder entwickelt seinen Turm mit Tempo, woraufhin Ding Liren direkt mit Kf8 antwortet.

Jetzt muss der Inder wieder Zeit investieren, um seine Möglichkeiten zu sondieren. Mit Te1+ könnte er seinen Turm mit Tempo auf die einzige offene Linie überführen. Auch der Raumgewinn am Damenflügel mit a4 sieht aber gut aus, während selbst ein Zug wie g4 möglich zu sein scheint. Ein Standardplan wäre auch die Überführung des Springers auf d2 über f1 nach e3, wo er Druck auf den rückständigen Bauern auf d5 ausübt.

Der Weltmeister investiert erneut ein paar Minuten und zieht dann mit 70:25 Minuten auf der Uhr den merkwürdig anmutenden Zug 15... Sh5, der aber von gängigen Schach-Engines bei niedriger Tiefe als objektiv bester Versuch angegeben wird. Mit g5 den Läufer zu vertreiben und diesen dann auf g3 abzutauschen, wird hingegen schon als Ungenauigkeit bewertet.

Nach über einer halben Stunde des Nachdenkens zieht Ding Liren nun endlich den logischen Zug 14... h6, um den Läufer zu befragen. Sofort antwortet Gukesh mit 15. Lh4 und hält damit die Drohung aufrecht.

Der Weltmeister sitzt seit inzwischen 25 Minuten am Brett und denkt über seine nächsten Schritte nach, womit der Zeitvorteil, mit dem er aus der Eröffnung kam, inzwischen völlig passé ist. 86 Minuten hat der 32-Jährige aktuell noch auf der Uhr. Bei Gukesh D sind es 97 Minuten.

Schon seit über zehn Minuten überlegt der Titelverteidiger, wie er seine Figuren koordinieren möchte. Logisch ist eigentlich 14... h6, um den gegnerischen Läufer zu befragen. Bedroht dieser den Springer auf f6 nicht mehr, könnte der Springer auf d7 ziehen und den Weg für die Entwicklung des weißfeldrigen Läufers freimachen. Ab dann hätte Ding Liren keinerlei Probleme mehr.

Dommaraju Gukesh investiert jetzt nicht erneut zu viel Zeit und entwickelt seinen zweiten Springer sehr schnell nach d2.

Der Herausforderer entwickelt seinen schwarzfeldrigen Läufer und droht damit, die Bauernstruktur seines Gegners zu zerstören. Sofort kommt aber erneut die rasche Antwort von Ding Liren, der mit 13... Sbd7 einfach mit seinem anderen Springer deckt. Der Weltmeister macht bislang einen sehr guten Eindruck und hat gerade einmal sieben Minuten seiner Zeit verbraucht, während Dommaraju Gukesh bereits bei unter 100 Minuten Restzeit angelangt ist.

Der 18-jährige Inder entscheidet sich jetzt dafür, die Türme abzutauschen, was nach dem frühen Damen-Tausch ein kleiner Schritt in Richtung Remis ist. Zur Erinnerung: Ein Remis-Angebot darf erst nach 40 gespielten Zügen ausgesprochen werden. Zuvor könnte die Partie nur durch dreifache Stellungswiederholung im Remis enden. Ein paar Stunden dürften die Spieler somit durchaus noch am Brett sitzen.

Gukesh D ist sichtlich überrascht davon, mit welcher Überzeugung der Weltmeister die letzten Züge gespielt hat, und befürchtet vermutlich, in eine gegnerische Vorbereitung gelaufen zu sein. Entsprechend lange denkt er jetzt schon nach. Seit über zehn Minuten läuft die Uhr des Inders, der nun allerdings auch extrem viele Kandidatenzüge zu berechnen hat. Er könnte natürlich mit Te1+ einen Turm vom Brett nehmen, aber auch Züge wie Se5, b3, Sd2, Lg5 oder sogar a4 ausführen.

Dommaraju Gukesh muss ein paar Minuten reinschauen, ehe er sich dann mit der kurzen Rochade für die logische Fortsetzung entscheidet. Ding Liren antwortet sofort mit dem logischen 10... Te8, um ebenfalls eine Art manueller Rochade zu vollziehen.

Ding Liren zieht seine Dame in den Weg und der junge Inder nimmt die Damen vom Brett, ohne zu zögern. Interessanterweise schlägt der Chinese jedoch nicht mit seinem Läufer zurück, was dann das gegnerische Lf4 ermöglichen würde, sondern mit seinem König. Gab es bei 9... Lxe7 noch zwei Vorgängerpartien, hat dieses fünfte Spiel der Schach-WM 2024 damit ab jetzt eine einzigartige Stellung erreicht.

Nachdem der 32-jährige Chinese seinen schwarzfeldrigen Läufer entwickelt, um die Rochade vorzubereiten, rochiert Gukesh D nicht etwa kurz oder fesselt den gegnerischen Springer mit Lg5, sondern gibt das sehr prinzipielle Schach mit 8. De2+. Das könnte in einen frühen Damen-Tausch führen.

Der junge Inder stabilisiert mit c3 seinen d-Bauern, woraufhin der Weltmeister sich mit 6... c4 für einen sehr verpflichtenden Zug entscheidet und am gegnerischen d-Bauern vorbeizieht. Gukesh muss daraufhin seinen angegriffenen Läufer ziehen, der auf c2 ein neues Feld findet.

Die Spieler entwickeln ihre Leichtfiguren, woraufhin Ding Liren aber nicht den Läufer nach g4 zieht, was als gängiger Theoriezug gilt, sondern mit 5... c5 sofort das Zentrum attackiert.

Ding Liren zögert kurz, geht dann aber erneut mit 1... e6 in die Französische Verteidigung. Anders als in Spiel eins setzt Dommaraju Gukesh nun mit 3. exd5 fort - die Französische Abtauschvariante, die eigentlich als total harmlos gilt, zumal der Schwarz-Spieler nicht die typischen Probleme mit seinem weißfeldrigen Läufer bekommt, die er normalerweise in der Französischen Verteidigung hat. Merkwürdige Wahl. Was hat der Inder vorbereitet?

Nach dem 1. d4 im dritten Spiel kehrt Gukesh D heute wieder zu 1. e4 zurück.

Ding Liren war zwar im Auftaktspiel zur Stelle, als der sichtlich nervöse Dommaraju Gukesh wackelte und in Schieflage geriet. In seinen Weiß-Partien war er allerdings nicht darauf aus, den geringfügigen Eröffnungsvorteil, den er in Kombination mit einem durchaus nennenswerten Zeitvorteil aufs Brett bekam, bis zum bitteren Ende auszuspielen. Dafür wurde er unter anderem auch von Magnus Carlsen kritisiert, der insbesondere in der zweiten Partie großes Unverständnis darüber äußerte, dass der Chinese viel zu früh die Weichen auf Remis stellte, obwohl er frei von Risiko hätte versuchen können, etwas aus der Stellung herauszupressen. Überhaupt waren die bisherigen vier Partien allesamt sehr kurz. Noch kein Spiel ging merklich länger als vier Stunden.

Während die Weiß-Partien des Weltmeisters sehr ruhig gestaltet wurden und im Remis durch dreifache Stellungswiederholung endeten, war in den Weiß-Partien des Herausforderers einiges geboten. Führte der Inder die weißen Figuren, gab es bislang immer eine Entscheidung. Im Auftaktspiel musste er gegen einen starken Ding Liren die Waffen strecken, ehe er in seiner letzten Weiß-Partie eine insgesamt sehr reife Leistung ablieferte und den WM-Kampf ausgleichen konnte, der aktuell 2,0 zu 2,0 steht.

Beiden Spielern ist es in ihren ersten Weiß-Partien gelungen, den Gegner mit einem Zug in der Eröffnung zu überraschen, wodurch es auch schon die ersten Verstrickungen durch Zeitnot gab. Im ersten Match bereitete Gukesh D gegen die Französische Verteidigung einen Angriff mit g4 vor, ehe er in seiner zweiten Weiß-Partie eine nicht allzu häufig gespielte d4-Struktur mit 4. cxd5 anstrebte. Umso gespannter dürfen wir sein, was der Herausforderer sich für heute hat einfallen lassen.

Guten Tag und herzlich willkommen aus Singapur, wo heute die Schach-WM 2024 zwischen Weltmeister Ding Liren und Herausforderer Dommaraju Gukesh in die bereits fünfte Partie geht. Nach vier Partien steht es 2,0 zu 2,0 Das Brett wird voraussichtlich um 10:00 Uhr freigegeben.