Das bislang kürzeste und unspektakulärste Spiel der Schach-WM 2023 endet mit der Punkteteilung, wodurch Jan Nepomnjaschtschi seine Führung auf 6,0 zu 5,0 ausbaut. Drei Spiele bleiben Ding Liren damit noch, um einen Sieg zu verbuchen und wieder auszugleichen, wie es ihm bereits zwei Mal gelungen ist. Mit den weißen Steinen strebte der russische Großmeister zum vierten Mal im WM-Kampf die Spanische Partie an, in der beide Spieler lange Zeit den Hauptzügen folgten und keinerlei Überraschungen vorbereitet hatten. Als es dann möglich war, massenweise die Figuren forciert abzutauschen, ergriff Jan Nepomnjaschtschi die Gelegenheit beim Schopfe und wickelte in ein völlig ausgeglichenes Endspiel ab. Dem Russen reicht es schließlich zum Gesamtsieg, wenn die verbleibenden Partien allesamt remis enden. Auch Ding Liren war mit den schwarzen Steinen durchaus mit dem halben Punkt einverstanden, weshalb das kurze Spiel rasch und versöhnlich endete. Morgen steht ein weiterer Ruhetag auf dem Programm. Am Mittwoch kann der Chinese dann wieder mit Weiß angreifen. Wir sind im Liveticker dann ebenfalls wieder mit von der Partie.

Beide Spieler blitzen die letzten Züge jetzt runter und streben die dreifache Stellungswiederholung an. Anschließend verständigen sie den Schiedsrichter, der die dreimalige Stellungswiederholung bestätigt. Daraufhin erfolgt der Handschlag. Das elfte und bislang kürzeste Spiel der Schach-WM endet im Remis.

Ding Liren hat noch massenhaft Zeit, weshalb er sieben Minuten investiert, um garantiert nichts zu übersehen. Dann setzt er mit 33... Te2 fort. Jan Nepomnjaschtschi hat sich derweil noch einmal in den Ruheraum zurückgezogen, als der Chinese mit seinen Berechnungen anfing. Vermutlich dürften die Züge jetzt auch wieder schneller aufs Brett kommen.

Nachdem der König des Russen auf h3 angekommen ist, hält Ding Liren noch einmal einen Moment inne und rechnet ein paar Minuten lang. Im Endeffekt ist es aber nur noch Geplänkel, bis der 40. Zug oder die dreifache Stellungswiederholung erreicht ist.

Allzu viel passiert in diesem Spiel nicht mehr. Ding Liren gibt ein paar Schachgebote und Jan Nepomnjaschtschi lässt seinen König am Königsflügel wandern. Wäre es laut Reglement erlaubt, hätte garantiert schon einer der beiden Spieler das Remis angeboten.

Jan Nepomnjaschtschi schaut noch einmal ein paar Minuten in die Stellung, hält sich dann aber nicht etwa künstlich lange an seinem a-Bauern fest. Weitere Figuren und weiteres Potenzial für einen Sieg verschwinden vom Brett.

Zwei weitere Bauern verschwinden vom Brett und Jan Nepomnjaschtschi kann nun auch auf a6 zugreifen. Aus Weiß-Sicht ist das Endspiel anschließend leichter zu spielen, da ein Angriff des Chinesen auf einen weiteren Bauern - beispielsweise Tc3 - mit Ke2 beantwortet werden könnte. Objektiv betrachtet sind dennoch keine ernsthaften Gewinnchancen für Nepo in der Stellung, was der Russe natürlich auch weiß.

Beide Spieler folgen mit raschen Zügen der forcierten Variante und landen damit nun in einem völlig ausgeglichenen Endspiel, das auf dem Niveau beider Spieler mit einer fast schon an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit im Remis enden sollte. Weil aber vor dem 40. Zug ein Remis-Angebot ausgesprochen werden darf, werden beide Spieler das Endspiel trotzdem ausspielen.

Ding Liren schaut kurz in die Stellung, sieht dann aber keine Alternative. Mit 19... Sxc4 20. Lxc4 bxc4 21. Dxd6 kommt nun genau dieser Abtausch aufs Brett, mit dem sich die Stellung stark vereinfacht.

Nach insgesamt zehn Minuten hat der Russe seine Entscheidung getroffen. Mit 19. dxc4 öffnet er das Zentrum. Das könnte nun die relativ forcierte Variante mit 19... Sxc4 20. Lxc4 bxc4 21. Dxd6 Dxd6 22. Txd6 Lxe3 23. fxe3 Txf1+ 24. Kxf1 Txb2 25. Txa6 zur Folge haben, nach der die Partie nahezu unaufhaltsam auf das Remis zu steuern würde. Die Preisfrage lautet, wie Ding Liren diesen massenhaften Abtausch verhindern kann, ohne dabei eine schlechte Stellung zu erhalten.

Jan Nepomnjaschtschi hat den letzten Zug seines Gegners aus dem Ruheraum heraus zur Kenntnis genommen und ist dort bislang auch geblieben. Schon über sechs Minuten überlegt sich der Russe fernab der Bühne, wie er fortsetzen möchte.

Nach über zehn Minuten bringt nun auch Ding Liren seinen Turm in Stellung. Auf b8 schaut die Schwerfigur nun perspektivisch schon mal auf b2, die vermeintliche Schwäche in der insgesamt soliden Stellung des Russen.

Möglicherweise hat Ding Liren bei seinen Kalkulationen damit gerechnet, dass sein Gegner an dieser Stelle die Fesselung auflöst und beispielsweise De2 spielt. Nach Tad1 hingegen muss der chinesische Großmeister einmal mehr länger nachdenken. Schon über fünf Minuten lässt sein nächster Zug auf sich warten.

Ding Liren führt nun auch den Zug 17... Lh6 aus. Anstatt sofort aus der Fesselung zu gehen, entwickelt Jan Nepomnjaschtschi stattdessen einen Turm.

Der Russe entscheidet sich dafür, seinen Springer nach e3 zu stellen. Das Feld b4 wäre eine interessante Alternative gewesen, denn jetzt kann Ding Liren mit Lh6 den Springer fesseln.

Ding Liren nimmt natürlich umgehend den gegnerischen Springer raus und greift damit gleichzeitig auch den auf d5 installierten Springer an, der nun ziehen muss.

Jan Nepomnjaschtschi investiert über zehn Minuten und entscheidet sich dann für den prinzipiellen Schlag-Zug.

Jan Nepomnjaschtschi muss nun einiges an Zeit investieren, um zu durchschauen, worauf sein Gegner mit c4 hinaus will. Als erster Kandidatenzug bietet sich natürlich der Schlag-Zug Sxe6 an, der dem sehr prinzipiellen Spieler Jan Nepomnjaschtschi gewiss auch gefallen dürfte. Dennoch überlegt der Russe schon seit über sechs Minuten.

Interessant! Ding Liren stellt nicht etwa seinen weißfeldrigen Läufer besser oder entwickelt den Springer, der auf a5 am Rand weiterhin nicht allzu gut steht, sondern spielt im Zentrum einen Vorstoß mit 15... c4. Das sieht nach einer ernsthaften Ungenauigkeit aus, wird jedoch sicherlich dazu führen, dass nun auch Jan Nepomnjaschtschi erstmals tiefer in die Stellung schauen muss.

Erneut sitzt Ding Liren bereits seit über zehn Minuten am Brett und denkt über seinen nächsten Zug nach. Damit hat der 30-Jährige in Kürze bereits fast eine gesamte halbe Stunde verbraucht. Jan Nepomnjaschtschi brauchte derweil für 15 Züge gerade einmal sechs Minuten und 21 Sekunden insgesamt.

Jan Nepomnjaschtschi zieht jetzt erstmals in diesem Match nicht sofort, sondern überlegt ebenfalls einen kurzen Moment. Nach zwei Minuten setzt er dann mit 15. Sg5 fort und greift den weißfeldrigen Läufer des Chinesen an. Auch der typische Bauern-Vorstoß mit f4 wird dadurch vorbereitet.

Ding Liren investiert zehn Minuten in seine Überlegungen und fianchettiert dann seinen schwarzfeldrigen Läufer.

Zwar gibt es auch zu 14. Dd2 noch Vorgängerpartien, so langsam aber sicher verlassen beide Spieler aber die ausanalysierten Pfade. Mit dem Zug der Dame ist übrigens auch die ganz konkrete Drohung verbunden, Sxf6+ zu spielen. Nimmt Ding Liren dann mit der Dame zurück, würde der Springer auf a5 hängen. Dementsprechend muss der chinesische Großmeister nun entweder Lg7 oder Sc6 ziehen. Eine Entscheidung, für die er sich gerade Zeit nimmt.

Weiterhin kommen sehr schnell sehr normale Züge aufs Brett. Nachdem Nepo seinen schwarzfeldrigen Läufer für den gegnerischen Springer auf f6 gibt, zieht Ding Liren jedoch nicht Sc6, sondern g6, den nur zweithäufigsten Zug an dieser Stelle. Das öffnet seinem Läufer das Fianchetto-Feld auf g7.

Abermals spielen beide Spieler sehr schnell und folgen dabei bestens bekannten Pfaden. Ding Liren hält nach 11. Lg5 kurz inne. Üblicherweise ist nun der Zeitpunkt gekommen, die kurze Rochade durchzuführen.

Ding Liren setzt mit dem direkten Angriff auf den weißfeldrigen Läufer fort, wodurch die Partie weiterhin der Hauptvariante folgen dürfte.

Die Züge kommen extrem schnell aufs Brett, wobei beide Spieler der Hauptvariante weiter folgen. Nach 8. a3 denkt Ding Liren nun erstmals etwas nach. Der Chinese hat nun die Wahl, zu rochieren oder direkt mit Sa5 den weißfeldrigen Läufer anzugreifen.

In der letzten Partie ging Ding Liren mit 3... Sf6 in die Berliner Verteidigung. Heute hingegen kommt mit 3... a6 der absolute Hauptzug aufs Brett.

Jan Nepomnjaschtschi lässt sich nicht zweimal bitten und strebt mit 3. Lb5 zum vierten Mal bei der Schach-WM 2023 mit den weißen Steinen die Spanische Partie an. Eine grundsolide Wahl.

Auch Ding Liren setzt auf keinen Überraschungseffekt, indem er beispielsweise die Sizilianische Verteidigung aufs Brett bringt. Stattdessen ermöglicht er es seinem Gegner, mit 1... e5 ein weiteres Mal die Spanische Partie anzustreben.

Keine Überraschung im ersten Zug. Jan Nepomnjaschtschi startet mit seinem Standardzug 1. e4.

Im dritten Spiel des WM-Kampfs sorgte Jan Nepomnjaschtschi für eine kleine Überraschung, indem er nicht mit seinem Standardzug 1. e4 eröffnete, sondern 1. d4 wählte – ein Zug, mit dem der Russe nur in etwa 10% seiner Spiele beginnt. Falls der 32-Jährige noch weitere Überraschungen, bzw. Abweichungen von seinem Repertoire vorbereitet hat, wäre heute womöglich ein guter Zeitpunkt, um diese Ideen zu zeigen. Um 11:00 Uhr, wenn der erste Zug aufs Brett kommt, wissen wir mehr.

Bereits am Freitag war Jan Nepomnjaschtschi im Rahmen seiner Weiß-Partie keineswegs an einem schnellen Remis interessiert, um seinen Ein-Punkte-Vorsprung zu verteidigen. Stattdessen spielte der 32-Jährige im bislang längsten Match der diesjährigen Schach-WM über 82 Züge hinweg auf Sieg, konnte einen leichten Vorteil jedoch gegen einen sich präzise verteidigenden Ding Liren nicht in die Vorentscheidung ummünzen. Das Spiel zeigte dennoch, dass der Russe mit Weiß weiterhin nach dem vollen Punkt strebt, wodurch es heute einmal mehr heiß hergehen könnte zwischen beiden Spielern.

Weder im Vorfeld der WM 2023 noch während des Wettbewerbs hat Ding Liren jemals eine Partie im klassischen Schach gegen Jan Nepomnjaschtschi gewonnen, wenn der Russe die weißen Steine führte. Die größte Hoffnung des Chinesen dürfte somit darauf liegen, aus einer seiner verbleibenden beiden Weiß-Partien einen Eröffnungsvorteil heraus zu erzielen und diesen dann zu verwerten.

Jan Nepomnjaschtschi führt den WM-Kampf nach zehn Spielen mit 5,5 zu 4,5 an und braucht damit nur noch zwei Punkte, um sich zum Weltmeister zu krönen. Prinzipiell würden vier Remis aus den verbleibenden vier Partien somit reichen. Ding Liren hingegen muss noch mindestens ein Spiel gewinnen, um den Ausgleich zu schaffen und damit gegebenenfalls auch den Tie-Break zu erzwingen.

Willkommen zurück aus Astana! Hier findet heute die bereits elfte Partie der Schach-WM 2023 zwischen Jan Nepomnjaschtschi und Ding Liren statt. Los geht es wie gewohnt um 11:00 Uhr.